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RDM Immobilientag 2022

RDM-Immobilientag 2022 mahnt zu “Maß und Mitte”


von Georg Gafron

In der Fülle des täglichen Reigens von Veranstaltungen zu Themen aller Art sticht in Berlin Jahr für Jahr ein Ereignis heraus. Es ist schon ein kleines Wunder, dass da Markus Gruhn, der Vorsitzende des Ringes Deutscher Makler, immer wieder vollbringt. Der mit Loben eher sparsame Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) brachte es diesmal so auf den Punkt: ”Erstaunlich, was der Markus da immer wieder auf die Beine stellt.”


Gemeint war der jährliche Immobilientag des RDM, der diesmal auf den 24. Juni fiel. Tatsächlich erwartete die rund 200 ausgesuchten Gäste wieder ein besonderes Spektrum an Referenten. Es reichte von Christian Lindner, über den Rekordhalter an Jahren im Amt des Regierenden Bürgermeisters der zuerst geteilten und dann wiedervereinigten Hauptstadt der Deutschen, Eberhard Diepgen (CDU), bis zu einem seiner Nachfolger und heutigen Bundestagsabgeordneten, Michael Müller (SPD), und schließlich dem unverändert populären CDU-Sicherheitspolitiker Wolfgang Bosbach. Doch Gruhn wäre nicht Gruhn, wenn da nicht noch einige “Sahnehäubchen” diesen Tag im Hotel Palace im Europacenter geziert hätten. Mit großer Aufmerksamkeit lauschte das Plenum dem Vortrag des Virologen Professor Dr. Hendrik Streeck zur aktuellen und im Herbst zu erwartenden Lage an der Corona-Front: Bei aller Vorsicht ein Grund zur Panik bestehe nicht.


Der alle Höhen und Tiefen des Lebens kennende ehemalige Top-Manager und Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff trat ebenso ans Rednerpult wie das Urgestein der deutschen Volksmusik Heino.


Inhaltlich ging es über sieben Stunden mitunter hart zur Sache. Der Ernst der derzeitigen weltpolitischen und wirtschaftlichen Lage ließ auch gar nichts Anderes zu. Dazu, so Gruhn in seiner Eröffnung, gehöre auch die Erkenntnis, dass sich der Berliner Wohnungsmarkt und überhaupt das Immobiliengeschäft sich auf ganz neue Herausforderungen einstellen müsse. Dabei sei es eine Selbstverständlichkeit, dass auch diesmal die Branche solidarisch bei der Lösung der Probleme mithelfen werde. Enteignungsphantasien und Verfassungsbrüche hülfen allerdings nicht weiter. Eindringlich mahnte Gruhn den Willen zum Finden eines Konsenses aller am Markt beteiligten Kräfte an. Daran könne man zur Zeit sowohl auf der Seite der Mieterorganisationen wie auch von Teilen der Wohnungswirtschaft ernsthaft zweifeln. Erneut forderte Gruhn den Senat auf, endlich die EU-Verordnung zur Transparenz der Eigentumsstrukturen auf dem Berliner Wohnungsmarkt umzusetzen. Über trickreiche Konstruktionen verschleierten besonders Oligarchen aus Russland und der Ukraine ihre Anteile an tausenden vielfach leerstehenden Wohnungen in Berlin. Hier müsse aufgeklärt und im Zweifel bis zu Beschlagnahmungen hart durchgegriffen werden. Zustimmung fand Gruhn nicht nur im Publikum, sondern auch beim Ex-Regierenden Michael Müller, der sich ebenso gegen nicht mit Kriminalität begründeten Enteignungsabsichten der Grünen, Linken und auch großer Teile der Berliner SPD aussprach.


Langer Beifall begrüßte schon beim Eintreffen den Bundesminister für Finanzen, Christian Lindner. Punkte machte der FDP-Politiker schon dadurch, dass er den bereits durch sein Büro abgesagten Termin dennoch wahrnahm. “Bei allem Termindruck, was man verspricht, muss man auch halten. Ich hatte Markus Gruhn zugesagt, und deshalb bin ich jetzt auch hier!” Mit großem Ernst und gebotener Sachlichkeit schilderte Lindner die auf uns alle zukommenden Belastungen in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und die sich weiter steigernde Inflation. Über vieles könne man dabei reden. Nur Steuererhöhungen seien mit ihm nicht zu machen. Schon jetzt sei der Spitzensteuersatz bei einem Bruttoeinkommen von achtzigtausend Euro im Jahr erreicht. Mehr Zumutungen gingen nicht. Allerdings komme man auch um Einsparungen nicht herum. Ganz konkret sprach Lindner hier die Subventionen zur Förderung der Wärmedämmung bei der Gebäudesanierung an. Diese steigerten nur die Inflation und seien aufgrund des massiven Mangels an Materialien und Fachkräften schlicht sinnlos. Bei nicht wenigen im Publikum kam dieses gar nicht gut an. Am Ende aber überzeugten Lindners Optimismus und sein Glaube an die Leistungskraft unserer freien Gesellschaft die anwesenden Unternehmer. Dazu beigetragen hat zweifellos seine Feststellung, dass der Zwang zur Unabhängigkeit von russischen Rohstofflieferungen nicht durch ideologische Scheuklappen behindert werden darf. Konkret: Der temporäre Wiedereinstieg in die Kohleverstromung sowie längere Laufzeiten für die verbliebenen Kernkraftwerke gehörten dazu.


Der eigentliche Höhepunkt des Tages waren aber die Erinnerungen Eberhard Diepgens, der sich sehr anschaulich an die Unterschiede im Amt des Regierenden Bürgermeisters vor und nach der Wiedervereinigung der geteilten Stadt unter Vier-Mächte-Status und der Zeit danach besann. Noch einmal wurde klar, welche unerwartete welthistorische Wende sich damals vollzog und welche Personen die entscheidende Rolle spielten. Viel zu schnell sei all das vergessen worden, so Diepgen. Zur aktuellen Situation Berlins und seiner Partei wollte sich die langjährige Nummer Eins der Stadt nicht äußern. Allerdings vermisse er Maß und Mitte in vielen Diskussionen der Gegenwart. Manches erfolge zu unabgestimmt und hektisch. Geradezu unverantwortlich empfinde er, so Diepgen, die Hinnahme von Rechtsverletzungen. Als ein Beispiel nannte er die weitgehende Duldung des sogenannten “Festklebens” einzelner Personen auf Fahrstraßen und in den Bannzonen staatlicher Gebäude und Einrichtungen.


Und dann kam er doch noch zur Berliner CDU: Hier wünschte sich Diepgen mehr Willen zur politischen Positionierung gegenüber den Wettbewerbern.


Nahtlos schloss sich der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete und immer noch populäre Wolfgang Bosbach Diepgen an. Der Wert der Freiheit sei seit geraumer Zeit in Vergessenheit geraten. Ohne ein entsprechendes Bewusstsein bestünden Gefahren für die politische Stabilität unserer Demokratie. Die notwendig werdenden Einschränkungen und Belastungen der nächsten Zeit seien nur in Übereinstimmung aller Teile unserer Gesellschaft zu bewältigen. Zumindest bei diesem Publikum fand Bosbach laute Zustimmung. Harmonie konnte auch der Ex-Manager Middelhoff nicht verbreiten. Schonungslos legte er den Finger in die offene Wunde der Versäumnisse bei der Entwicklung digitaler Strukturen im Industriestaat Deutschland. Gefordert seien mehr Kreativität und Risikobereitschaft. Unserem Land fehle die Dynamik, wie man sie beispielsweise in den USA bewundern könne. Das betretene Schweigen im Saal bestätigte den Redner. Offensichtlich fühlten sich alle irgendwie angesprochen. Ein launiges Ende fand dieser RDM-Immobilientag 2022 durch die Sprüche und Erfahrungen Heinos, den man bekanntlich auch den König der deutschen Volksmusik nennt.


Unterm Strich verließen die Gäste den Tagungsort nachdenklicher und bewusster als sonst. Viele gaben sich überzeugt, auch im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.




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